Ratgeber

Rasurschärfe und dieser Haartest…

Auch wenn du erst angefangen hast, dich mit Rasiermessern zu beschäftigen, dann hast du bestimmt trotzdem schon jemand über den sogenannten Haartest reden hören. Und auch die Wörter “rasurfertig” oder “schnitthaltig” sind dir schon um die Ohren geflogen. In diesem Blog erklären wir dir, was gemeint ist – und räumen mit ein paar Mythen auf …

Theorieunterricht

Damit wir alle deine Fragen zur Schärfe eines Rasiermessers klären können, müssen wir erst mal einen kleinen Theorie-Crash-Kurs erledigen. Denn auch wenn vieles beim Rasieren mit Gefühl zu tun hat, so ist manch anderes schlicht und ergreifend Physik, Geometrie und Materialkunde. Also Stift und Zettel in die Hand und los gehts!

Was ist Schärfe eigentlich?

Wenn wir uns dem Begriff Schärfe annähern wollen, dann müssen wir uns zuallererst in das Reich der Geometrie begeben:

Man stelle sich vor, zwei Ebenen laufen aufeinander zu und treffen sich an einem Ende. Das entstandene spitzwinklige Dreieck definiert die Schneide und ihre Schärfe hängt mit dem Winkel dieses Dreiecks zusammen. Je spitzer dieses Dreieck ist, desto schärfer ist ein Messer. Wenn du etwas mit einem Messer schneidest, dann spricht man auch vom sogenannten “Keilschneiden”, weil du dein Messer wie einen Keil durch das Schnittgut treibst. Je breiter dieser Keil ist, desto schwieriger wird es, etwas damit zu zerteilen.

Aber was bedeutet das alles für das Rasiermesser?

Wichtig ist, dass die Winkel eines Rasiermessers gleichmäßig geschliffen sind, damit die Spitze der Schneide deine Barthaare bestmöglich zerteilen kann. Natürlich muss man immer einen Kompromiss zwischen Schärfe und Schnitthaltigkeit eingehen, deshalb schleifen wir unsere Messer in einem circa 15°-Winkel. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass dieser Winkel der perfekte Mittelweg ist und wir so eine langlebige Schnitthaltigkeit mit einer perfekten Rasurschärfe vereinen können. 

Wie du dir wahrscheinlich schon gedacht hast, können wir nicht über Schärfe sprechen, ohne dabei das Thema Schliff zu erwähnen. Auch bei unseren Messern hast du schon Begriffe wie “voll-hohl” oder “halb-hohl” gelesen. 

Darunter versteht man das konkave Schleifen der Klinge. Man “höhlt” gewissermaßen die Klinge aus, sodass man den Vorteil hat, dass die Klinge flexibler wird. Dein Gesicht ist ja keine gleichmäßige Fläche, sondern es weist Konturen, Grübchen, Falten und viele verschiedene Winkel auf. Dank des Hohlschliffs und der daraus resultierenden leicht flexiblen Klinge, gleiten unsere Rasiermesser mühelos über dein Gesicht, helfen dir dabei den richtigen Winkel zu treffen und verfolgen nur ein Ziel: Die perfekte Rasur.

Wenn du mehr über die komplexen Schliffarten herausfinden willst, dann sieh dir mal diesen Blog an.

Doch auch hier muss eine Abwägung zwischen Rasureignung und Langlebigkeit getroffen werden. Würde man eine Klinge noch dünner schleifen, so würde der mikroskopische Grat den Herausforderungen einer täglichen Rasur nicht mehr standhalten und das Messer wäre schon nach kurzer Zeit stumpf. 

Härte und Schnitthaltigkeit

Wenn Messerliebhaber über Schnitthaltigkeit sprechen, dann stellt sie sich die Frage, wie lange eine Messerklinge scharf bleibt. Also wie lange ein geschärftes Messer der Belastung einer Rasur standhalten kann, bevor man es wieder schärfen muss.

Viele Dinge müssen hierbei beachtet werden. Einerseits Aspekte, die das Messer selbst betreffen, wie das Material der Schneide oder der Schliff. Aber natürlich ergeben sich auch aus der Benutzung heraus unterschiedliche Konsequenzen. Welches Material wird geschnitten? Auf welche Weise wird geschnitten? Wie wird das Messer gepflegt?

Auch hier muss für die Konstruktion immer der beste Kompromiss gefunden werden. Bei unseren Messern aus Kohlenstoffstahl, wie dem Bergischen Löwen beispielsweise,  kannst du eine Härte von ungefähr 61 HRC erwarten. Die Schnitthaltigkeit und die erreichbare Schärfe sind perfekt für die tägliche Rasur. Natürlich könnten wir für die Messer sogar einen noch härteren Stahl verwenden, aber dann würden die Messer wiederum die nötige Flexibilität verlieren, um eine sanfte Rasur überhaupt möglich zu machen.

Was versteht man unter Rasierschärfe?

Rasierschärfe, rasurfertig und Liebhaberschärfe – sich darauf als Anfänger einen Reim zu machen ist sehr schwierig. Gerade Rasiermesserveteranen mit jahrzehntelanger Erfahrung an der Klinge haben ein enormes Gefühl und Verständnis für die Beschaffenheit des Stahls entwickelt.

Da wir aber den Neueinsteiger genauso herzlich in unsere Mitte aufnehmen wollen, versuchen wir uns einmal an einer Definition:
Für uns bei DOVO heißt “rasierscharf”, dass ein Messer so scharf ist, dass es mit Leichtigkeit Barthaare durchtrennen kann und eine komfortable Rasur garantiert.

Wann das so ist, findest du hier heraus:

Haartest vs. Rasurgefühl

Der gute alte Haartest. Bei ihm klemmst du ein Kopfhaar zwischen den Nägeln von Daumen und Zeigefinger und nimmst es mit deinem Rasiermesser im 90°-Winkel direkt über den Nägeln in Angriff. Kannst du das Haar mit der Schneide fassen und durchtrennen, ist der Test bestanden.

Wir unterziehen alle Messer nach der Fertigung diesem Haartest. Wir sind uns aber dessen bewusst, dass der Haartest allein nicht allumfassend Aufschluss über die Qualität einer Klinge gibt. Für sich genommen testet man damit nämlich nur, ob ein Messer den Haartest besteht, aber nicht, ob es schon perfekt für die Rasur geeignet ist.

Würde nur die Schärfe deines Messers die Eignung zur Rasur bestimmen, dann sollten wir uns alle mit einer reinen Diamantklinge oder einem Laserschwert rasieren. Das tun wir aber nicht und das hat gute Gründe:

Entscheidend für eine angenehme Rasur ist nicht die Schärfe allein, sondern das Rasurverhalten. Eine Klinge sollte nicht nur Barthaare durchtrennen, sondern sich auch sanft deinem Gesicht anschmiegen. Wäre dein Rasiermesser aus extrem hartem, unflexiblen Stahl gefertigt, so wäre das nicht mehr möglich und deine Rasur wäre eine Tortur. Auch Aspekte wie die Schnitthaltigkeit, der Preis, die Hautverträglichkeit oder die Nutzerfreundlichkeit in Bezug auf die Pflege des Messers müssen in die Entwicklung eines neuen Rasiermessers einfließen. Vergiss dabei nicht, dass sich ein neues Messer auch erst ein wenig einlaufen muss, bevor es das volle Potential abrufen kann.

Politur der Schneide und das Abledern

Alle Rasiermesser werden von erfahrenen Mitarbeitern von Hand in fünf Stufen von grob nach fein geschärft, danach geledert und geprüft.

Auf dem ersten Schleifteller wird mit 320er-Korn der Schneidgrat an die 0,1 mm dünne Klinge geschliffen, danach folgt auf dem zweiten Schleifteller die zweite Stufe mit 1.000er- Körnung. Anschließend folgen auf nassen Bank-Schleifsteinen die Stufen 5.000, 8000 und 10.000 zur Feinstbearbeitung und Politur. Zu guter Letzt ziehen wir die Messer noch auf einem Lederriemen mit Eisenoxidpaste ab. So entsteht der feine Grat an der Spitze der Schneide, der deine Barthaare so mühelos fasst und durchtrennt.

Auch zum Abziehriemen erreichen uns öfter Fragen. Ein Abziehriemen, so wie unser 185er, ist nicht zum Schärfen deines Rasiermessers gedacht. Bei jeder Rasur verletzt du den mikroskopischen Grat deines Rasiermessers – deine Haut und Haare verbiegen den Grat, verursachen kleine Furchen und Fransen.

Alleine durch das Ruhenlassen des Messers nach der Rasur für mindestens 48 Stunden stellt sich ein großer Teil des Grats wieder auf. Um jedoch wieder für eine uniforme und gleichmäßige Beschaffenheit zu sorgen, streicht man das Messer sanft über einen Lederriemen. Das malträtierte Metall wird so wieder sanft in seine gewollte Stellung gestreichelt und du polierst den Messergrat leicht. Die Rasurfähigkeit deines Messers bleibt so länger erhalten.

Aber was ist denn jetzt mit dem Schärfen?

Wie oft du dein Messer wirklich schärfen lassen solltest, hängt stark damit zusammen, wie oft du es benutzt und wie du mit ihm umgehst. Ein gut gepflegtes Messer kann gut und gerne mehr als ein Jahr benutzt werden, ohne dass du es schärfen lassen musst. Wenn du dich jedoch 2-tägig rasierst oder dich nicht gut um dein Messer kümmerst, dann kann das Zeitintervall natürlich auch kürzer sein. Das Nachschleifen ist auch nötig, wenn dir dein Messer runterfällt und dabei der Grat verletzt wird.

Leider sehen wir immer wieder, dass neue Nutzer den Umgang mit Messern nicht gewohnt sind und daher Fehler beim Rasieren, dem Abziehen oder der Pflege machen. So kann gerade anfangs die Schärfe eines Messers im Nu ruiniert sein und eine Aufarbeitung ist erforderlich. Das Rasieren mit einem Rasiermesser ist ein wunderschöner, gründlicher und fast schon meditativer Vorgang der Körperhygiene und mit etwas Erfahrung wunderbar zu meistern. Mit etwas Übung, Geduld und dem Lesen unserer Blogs, wirst du schnell Erfolge erzielen und dein Messer nicht mehr missen wollen.

Eine wichtige Botschaft an die Neueinsteiger:
Wenn ihr noch keine Erfahrung mit dem Schärfen von Rasiermessern habt, dann wendet euch bitte an unseren Schleifservice oder einen erfahrenen Schleifer – nur so werdet ihr lange Freude an eurem Messer haben.

Wenn ihr selbst die Kunst des Messerschärfens erlernen wollt, besorgt euch am besten ein altes Messer vom Flohmarkt. So könnt ihr entspannt üben, bevor ihr euch an euer bestes Rasiermesser heranwagt.

Sind DOVO-Rasiermesser rasurfertig?

Ja, unsere Messer verlassen die Firma ausschließlich so, dass du sofort mit der Rasur loslegen kannst. 

Wir haben als Unternehmung nicht nur eine 114-jährige Tradition in der Herstellung feinster Rasiermesser, sondern unsere Mitarbeiter sind erfahrene Schleifer und lieben Rasiermesser genauso wie du. Vertraue ihrer langjährigen Expertise und erfreue dich an deinem hochwertigen DOVO-Rasiermesser aus Solingen. Und wenn doch einmal Unklarheiten auftauchen, stehen wir dir mit Rat und Tat zur Seite – wir freuen uns auf eine Nachricht von dir!